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Projektbeschreibung
Eine neue, viel versprechende Faserbetonart, der hochduktile Beton mit Kurzfaserbewehrung (Strain-Hardening Cement-based Composite, SHCC), weist unter monotoner Zugbeanspruchung hohes Verformungsvermögen auf. Seine Duktilität wird durch fortschreitende multiple Rissbildung bedingt, die mit einer ausgeprägten Dehnungsverfestigung einhergeht. Um die Sicherheit und die Wirtschaftlichkeit von Bauteilen aus SHCC unter praxisrelevanten, zyklischen Beanspruchungen zu gewährleisten, sind fundierte Kenntnisse des Ermüdungsverhaltens dieses Werkstoffs und theoretisch-numerische Modelle unverzichtbar. Die Kernfrage für den praktischen Einsatz und die Weiterentwicklung der neuen Faserbetonart ist: Inwieweit büßt das Material seine inhärente Duktilität und seine Zugfestigkeit im gerissenen Zustand infolge Ermüdung ein und wie kann dies durch ein gezieltes Werkstoffdesign gemindert werden? Zum Ermüdungsverhalten von SHCC liegen nur wenige gesicherte Erkenntnisse vor. Da das mechanische System des SHCC sehr komplex ist, wird die Schaffung der Grundlagen für das zielgerichtete Materialdesign zur Steigerung des Ermüdungswiderstands von hochduktilem Beton angestrebt durch die Entwicklung eines physikalisch begründeten, numerischen Multiskalenmodells sowie einschlägiger Datenbasis für alle relevanten Betrachtungsskalen. Im beantragten Projekt werden mechanische und bruchmechanische experimentelle Untersuchungen zum Ermüdungsverhalten von SHCC unterschiedlicher Zusammensetzung und in Abhängigkeit von der Temperatur auf unterschiedlichen Betrachtungsebenen sowie an den konstituierenden Elementen - Fasern, Matrix und dem Verbund zwischen den beiden - durchgeführt. Alle Experimente werden von gefügemorphologischen Untersuchungen zum besseren Verständnis der Schädigungsvorgänge begleitet. Die Experimente gewährleisten die inhaltliche Grundlage und Datenbasis für die Entwicklung des numerischen Multiskalenmodells für das Verhalten von SHCC unter zyklischer Belastung sowie dessen Kalibrierung und schließlich Validierung. Das Modell stellt die Werkstoffeigenschaften und Schädigungsentwicklung zunächst auf der Mesoebene dar. Für das Matrixmaterial wird der nichtlokale Microplane-Ansatz weiterentwickelt. Die Rissbildung wird durch ein Phasenfeldmodell und das Ablösen der Faser von der Matrix durch eine angepasste Interfacebeschreibung abgebildet. Die konstitutiven Eigenschaften der Mesoebene werden für die Makroebene homogenisiert. Die zu entwickelnden Methoden sollen die Evolution der Eigenschaften über große Zyklenzahlen und Zeiträume hinweg abbilden. Als Ergebnis des Projekts werden nicht nur numerische Modelle und konstitutive Beziehungen zur vollumfänglichen Beschreibung des Ermüdungsverhaltens der untersuchten SHCC und deren Komponenten erschaffen, sondern ein virtuelles Werkzeug für SHCC-Materialdesign, welches eine gezielte Entwicklung auch anderer Faserbetonarten für unterschiedliche Beanspruchungsszenarien ermöglicht (digitally enabled material design).